In der neuen Folge von "Story of Jazz" geht es um den Bebop - und damit um die Geburtsstunde des Modern Jazz. Die wichtigsten Protagonisten des neuen Jazz waren der Altsaxophonist Charlie Parker und der Trompeter Dizzy Gillespie. Die Wendung, die sie und ein paar andere dem Jazz gaben, wurde umgehend - und wird immer noch - als Revolution beschrieben.

Wir hörten beide schon in der Sendung mit der Überschrift Swing to Bop. Diese Sendung sollte verdeutlichen, dass die Revolution eben auch Evolution war, dass es Verbindungen zu älteren Formen des Jazz gab, dass es auch personelle Konitnuitäten gab. So wird auch in der Bebop-Sendung der Schlagzeuger Sid Catlett zu hören sein, der unter anderem mit Coleman Hawkins und Lester Young aufgenommen hatte. Lester Young war, wenn man denn einen finden muss, wohl der zentrale Einfluss auf den Bebop.

Youngs Spiel öffnete die oft starren Strukturen des Swing, es kümmerte sich selten um so profane Dinge wie Taktstriche, nahm sich harmonisch mehr Freiheiten als es je ein Jazzmusiker wagte. Seine Soli schwebten mit einer bezaubernden Leichtigkeit über der Musik. Hier setzten Parker, Gillespie und ihre Kollegen an. Sie brachen aus dem Gefängnis aus, das die kommerzialisierten Formen geworden waren, mit denen die Swing-Musik längst zum gigantischen Geschäft geworden war.

Joachim-Ernst Berendt beschrieb die Wirkung des Bebop auf den "damaligen Hörer" so: "rasende, nervöse Phrasen, die mitunter nur noch wie melodische Fetzen wirkten. Jede unnötige Note wurde fortgelassen. Alles wurde auf das äusserste Mass zusammengepresst." Im Bop führte die Reduktion zu einer Verdichtung, aus Phrasen wurden Kürzeln, es wurden zwar weiterhin Geschichten erzählt, doch geschah dies nun mit Kürzeln, mit Chiffren, die vielen älteren Musikern fremd blieben - und auch weiten Teilen des riesigen Publikums, das der Jazz in der Swing-Ära gewonnen hatte. Bebop war Avantgarde, die Präsentation der Themen im Unisono, einstimmig von meist zwei Bläsern, propagierte durchaus auch eine Solidarität, signalisierte eine Abgrenzung - auch von dem Publikum. Mit dem Bop verschwand der Jazz aus den Ballsälen in kleinere Clubs, es sollte nicht mehr getanzt sondern gelauscht werden. Heute erschilesst sich die eigenwillige Schönheit des Bebop einfacher, denn er ist bis heute in weiten Teilen der Jazzwelt eine Art lingua franca, bildet das Fundament, auf dem der moderne Mainstream-Jazz aufbaut, auch wenn dieser auch Einflüsse von vor und nach der Bebop-Ära berücksichtigt.

Der Bebop entwickelte sich, das konnten wir in der erwähnten "Swing to Bop"-Sendung bereits verfolgen, in New York. Die dem Bebop gewidmete Sendung, die ausnahmsweise 90 Minuten dauern wird, konzentriert sich auf Musik, die in New York eingespielt wurde. Wir hören vor allem Dokumente aus den ersten paar Jahren des Bop, als er noch alle seine revolutionäre Kraft besass. Die weiteren Protagonisten neben Parker und Gillespie sind unter anderem Bud Powell, Sonny Stitt, J.J. Johnson, Tadd Dameron, Fats Navarro und Thelonious Monk.