Noch ein letztes Mal im Jubiläumsjahr steht Blue Note Records im Zentrum einer neuen Folge von gypsy goes jazz. In den frühen Fünfzigern war die Zukunft des seit 1939 aktiven Labels noch keinesfalls gesichert. Blue Note baute sein Angebot an modernem Jazz allmählich auf, neben Thelonious Monk wurden Aufnahmen mit Bud Powell, Milt Jackson, Miles Davis, Horace Silver und anderen produziert.
1954 und 1955 waren im Lauf der Konsolidierung entscheidende Jahre. Mit den Aufnahmen von Horace Silver & The Jazz Messengers landete man ganz unerwartet einen Jukebox-Hit. "The Preacher", eine altmodische Nummer mit einem doch ganz neuen Groove, wurde von Alfred Lion, dem Mastermind des Labels, fast abgelehnt – und nun traf ausgerechnet dieses Stück den Nerv der Zeit.
Ein Jahr später stand der für ein kleines Label durchaus existenzbedrohende Wechsel von der 10"-Platte auf das bei den grossen Häusern längst etablierte 12"-Format an. Aufnahmen aus den letzten Jahren wurden neu gruppiert, doch um das erste Dutzend vollzumachen, brachte Blue Note die erste Platte seiner neusten Entdeckung heraus, das Debut des sensationellen Organisten Jimmy Smith. Dass auch dessen Musik ein Fall für die Jukebox, ebenso wie für das Radio war, versteht sich fast von selbst.
Mit Smith, aber auch mit dem Pianisten Horace Silver, entstanden in der zweiten Hälfte der Fünfzigerjahre einzelne Sessions, bei denen gezielt Singles aufgenommen wurden. Natürlich koppelte Blue Note auch Stücke von Alben aus, manchmal in gekürzter Form, doch im Mittelpunkt stehen die Teils ziemlich raren Stücke, die gezielt den Singles-Markt bedienen sollten. Rar waren auf Blue Note stets auch Sängerinnen und Sänger. Doch der Sänger Bill Henderson nahm mit Silver und Smith Singles auf, letzterer begleitete mit Babs Gonzales einen weiteren Sänger der Bebop-Ära.
1958 wurden dann auch mit dem Pianisten Sonny Clark und dem Posaunisten Bennie Green Singles-Sessions abgehalten, von 1959 bis 1962 nahm der wunderbare Tenorsaxophonist Ike Quebec gleich eine Reihe solcher Sessions auf (ich stellte ihn gerade in einer eigenen Sendung vor). Einiges Material von diesen Aufnahmen erschien erst viel später und bleibt bis heute im Vergleich wenig bekannt. Neben den genannten wird in der Sendung zudem noch der Tenorsaxophonist Stanley Turrentine zu hören sein, der erst 1960 zum Label stiess.