190622 2Blue Note Records feiert heuer seinen 90. Geburtstag. Aus diesem Anlass blickt gypsy goes jazz zurück auf die ersten Jahre des Labels, das schon mehrere Dutzend Sessions und einen Haufen Singles veröffentlicht hatte, als es 1947 mit Thelonious Monk den Sprung in den Modern Jazz wagte und die Basis legte für den legendären Ruf.
 
Die Anfänge des von zwei aus Berlin vertriebenen Juden, Alfred Lion und Francis Wolff, geleiteten Plattenlabels waren äusserst bescheiden. Die beiden waren Fans, vom Musikbusiness hatten sie zunächst wenig Ahnung. Ihre Leidenschaft finanzierten sie durch Brotjobs. Als Lion 1941 ins Militär eingezogen wurde, ruhten die Aktivitäten von Blue Note fast zweieinhalb Jahre. Nach Lions Rückkehr ging es im Herbst 1943 weiter. 1944 hielten Lion und Wolff fünfzehn Plattensessions ab, beteiligt waren so unterschiedliche Musiker wie der Stride-Pianist James P. Johnson, der Klarinettist Edmond Hall, der Pianist (und Publizist) Art Hodes oder Sidney Bechet, der legendäre Klarinettist und Sopransaxophonist aus New Orleans.
 
In den Jahren 1943 bis 1946 nahm Blue Note zwar auch schon erste Sessions mit Swingmusikern auf (dazu dann mehr in Teil 3 der kleinen Reihe, vgl. Überblick unten), doch im Mittelpunkt stand der Hot Jazz. Doch Blue Note schloss sich nicht anderen Labeln an, die typische, oft recht abgedroschene Dixieland-Platten herausbrachten. Lion hatte eine Vorliebe für langsamen Blues, Lion und Wolff schon immer ein ausgeprägtes Bewusstsein für Qualität. So waren auch die Hot Jazz-Sessions von Blue Note stets eine besondere Sache. Es bildete sich bereits in den mittleren Vierzigern ein erstes Mal ein Kreis von Musikern, die in unterschiedlichen Formationen und unter unterschiedlicher Leitung zusammentraf. Neben Hall und Johnson gehörten dazu auch der Trompeter Sidney De Paris, der Posaunist Vic Dickenson oder der Drummer Sid Catlett. Sidney Bechet nahm gemeinsam mit Bunk Johnson oder Albert Nicholas auf und so entstand auch immer wieder grossartige Musik, die über die Beiträge der einzelnen Beteiligten weit hinausgeht.

Blue Note: Die frühen Jahre (1939–1946, Coda: 19491955)

  • Teil 1: Boogie, Blues & Jazz, 1939/40 (mit: Albert Ammons, Meade Lux Lewis, The Port of Harlem Jazzmen, Sidney Bechet, Teddy Bunn, Earl Hines etc.) – 28.05.2019 (Playlist)
  • Teil 2: Hot Jazz, 1943–46 (mit: Sidney Bechet, Art Hodes, Bunk Johnson, Art Nicholas, James P. Johnson, Wilbur De Paris, Baby Dodds, Meade Lux Lewis etc.) – 22.06.2019
  • Teil 3: Swing, 1941–46/52 (mit: Edmond Hall, James P. Johnson, Ben Webster, Ike Quebec, John Hardee etc.) – nach der Sommerpause
  • Teil 4: New Orleans Revival, 1949–55 (mit: Sidney Bechet, George Lewis, Sidney De Paris etc.) – nach der Sommerpause