Der Posaunist Urbie Green kam 1926 in Alabama zur Welt. Wie sein älterer Bruder spielte er bald die Posaune – Jahre später folgte Urbie seinem Bruder auch in die Big Band von Woody Herman, in dessen "Third Herd" er zum wichtigsten Posaunensolisten wurde. Swing-Posaunisten wie Tommy Dorsey, J.C. Higginbotham, Trummy Young oder Jack Teagarden waren seine Vorbilder, doch noch wichtigere Einflüsse waren die Saxophonisten Lester Young und Charlie Parker sowie der Trompeter Dizzy Gillespie. In Greens verblüffend flüssigem, stets elgant phrasierten und bis in die obersten Lagen intonationssicheren Spiel verbanden sich so der Flow des Swing mit den harmonischen Neuerungen des Swing.
Mitte der Fünfzigerjahre, als er bereits erste Aufnahmen als Leader gemacht hatte (sein Debut entstand 1953 für Blue Note Records, siehe Bild), spielte Green mit der Combo von Benny Goodman, nach Tommy Dorseys Tod 1956 leitere er für einige Zeit dessen Band, in den frühen Sechzigern gehörte Green dann zur Big Band von Count Basie.
Daneben entstanden eigene Aufnahmen, die sich zwischen dem typischen, von Basie und seinem Umfeld geprägten Kansas City-Swing und modernen Klängen bewegten. Mit dem Basie-Trompeter Joe Newman oder dem Pianisten Nat Pierce swingte Green in bester Mainstream-Manier drauflos, mit Hal McKusick, Oscar Pettiford und anderen entstanden etwas modernere Aufnahmen, eines seiner schönsten Alben spielte Green mit dem Gitarristen Jimmy Raney (ohne Klavier) ein, "Blues and Other Shades of Green" (ABC-Paramount 1955). Auch beim zweiten 10-Inch-Album, das Gil Mellé für Blue Note aufnahm, war Green dabei.
Greens Posaune war auch bei Arrangeuren gefragt, er wurde immer wieder ins Studio geholt, wenn es galt, Sängerinnen oder Sänger zu begleiten. So entstanden Aufnahmen mit Antonio Carlos Jobim (auf dessen Klassiker "Wave" ist Greens Posaue die wohl prägendste Stimme), Astrud Gilberto, Helen Merrill oder aber unvergessliche Sütcke mit der späten Billie Holiday.
Green verstarb am 31. Dezember 2018 im hohen Alter, die Sendung stellt ihn als Leader, Sideman und Begleiter vor. Immer glänzt er dabei mit elegantem Spiel, mit einem satten Ton, oft mit einem melancholischen Touch, der seinen Linien einen ganz eigenen Charakter gab. Ein grosser Musiker, der nie ganz so bekannt wurde, wie er es verdient gehabt hätte – und der bei seinem Tod schon so vergessen war, dass manche ihn längst für tot hielten.