John Coltrane (1926–1967) steht auch im Zentrum meiner beiden letzten Sendungen des Jahres. In Folge #60 geht es um die Aufnahmen aus den Jahren 1963 und 1964. Coltrane perfektionierte in dieser Zeit den modalen Jazz und setzte mit "A Love Supreme", aufgenommen im Dezember 1964, einen glanzvollen Höhe- und Schlusspunkt seiner mittleren Werkphase, der wohl bis heute beliebtesten und einflussreichsten. Ende der Fünfziger hatte er im Quintett und Sextett von Miles Davis mit der Auslotung reduzierter musikalischer Formen begonnen, die dem Solisten eine umso grössere Bürde aufluden. Denn ohne die Funktionsharmonik als Gerüst, in die man sich auch mal bequem zurücklehnen und den Autopiloten einschalten konnte, war der melodische Einfallsreichtum des Musikers das einzige, worauf Verlass war.
Coltrane wurde im Herbst 1963 im Birdland in New York mitgeschnitten, im Folgejahr nahm er die beiden grossartigen Alben "Crescent" und "A Love Supreme" auf - letzteres erschien bereits nach wenigen Wochen im Januar 1965 und ist eines der allerwichtigsten Alben der Jazzgeschichte. Die Suite präsentiert das klassische Coltrane Quartett - der Meister am Saxophon, McCoy Tyner am Klavier, Jimmy Garrison am Bass und Elvin Jones am Schlagzeug – auf der Höhe seines Könnens. Auf dem Album wird aber - und das ist gewiss Teil seiner immensen Ausstrahlung – auch die spirituelle Seite von Coltranes Musik stärker fühlbar als je zuvor.